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Coping

Coping-Mechanismen

Derzeit ist Coping oder auch Coping-Mechanismen, Coping-Skills das geflügelte Wort in der Coaching- und Persönlichkeitsentwicklungs-Bubble. To cope aus dem Englischen bedeutet „etwas bewältigen“ oder „mit etwas umgehen“. Im deutschen würde man das also als Bewältigungsstrategie bezeichnen, Coping hat sich aber inzwischen schon so ins Umgangssprachliche eingeschlichen, dass ich bei meinem Betrag bei dieser Wortwahl bleibe.

Coping ist also nichts anderes, als der Versuch eine beängstigende, belastende oder überfordernde Situation im Leben anhand von verschiedenen Strategien oder Methoden zu bewältigen. Diese Situationen können sowohl Alltagssituationen (z. B. ein Streit oder Stress), als auch einschneidende Ereignisse (z. B. ein Unfall oder Todesfall) oder eine persönliche Krise (z. B. eine Trennung / Scheidung oder ein Job-Verlust) sein. Egal welche Coping-Mechanismen zum Einsatz kommen, sie alle sollen das Gefühl vermitteln, dass die Situation wieder besser wird und die aktuelle Lage erträglicher machen. Letztlich ist es ein Versuch die Kontrolle über Emotionen und Frust zu behalten. Aus psychologischer Sicht hilft dir Coping in Krisensituationen funktions- und reaktionsfähig zu bleiben. Coping ist im Allgemein eher mit Negativem verknüpft, dass es aber auch durchaus sinnvolle und gesunde Coping-Strategien gibt, darum soll es in diesem Artikel gehen.

Coping-Mechanismen – ein Überblick

Die Psychologie hat die verschiedenen Strategien unterteilt, was jeweils den Sinn und das Ziel der einzelnen Strategien leichter nachvollziehbar machen soll. Jeder Mensch hat mehrere Coping Skills, welche Strategie aber zum Einsatz kommt, hängt immer von der Art der Belastung und von der eigenen Prägung ab. Die Übersicht hier setzt sich aus verschiedenen Ansätzen zusammen. Falls dir das nicht ausführlich genug ist, findest du am Ende des Artikels Hinweise dazu, wonach du weiter googeln kannst. Legen wir los…

Coping-Reaktion – Wo liegt der Auslöser?

  • Ereignisbezogenes Coping Der Auslöser für den Einsatz einer Coping-Strategie ist im Außen zu suchen, in Form eines Ereignisses oder einer Situation. (z. B. ein Streit)
  • Selbst-zentriertes Coping Du siehst dich selbst oder dein Verhalten als Auslöser für die Situation. (z. B. „ich bin nicht gut genug“ oder „ich bin schuld weil ich zu … bin“)

Coping-Strategie – Aktivitätsausrichtung

  • Funktionale Coping-Strategie (oder adaptive Copingstrategie) Hiermit sind alle Handlungen gemeint, die dir helfen die belastende Situation nachhaltig zu verbessern oder das Problem ganz zu lösen. (z. B. nach einem Streit aktiv das klärende Gespräch zu suchen)
  • Dysfunktionale Coping-Strategie (oder maladaptive Copingstrategie) Durch Vermeidungsverhalten versuchst du, dem Problem aus dem Weg zu gehen und dich abzulenken. Die Situation kann sich nicht verbessern und das Problem wird nicht gelöst. Hierzu zählen auch der Alkohol-, Medikamenten- und Drogenmissbrauch. (z. B. nach einem Streit wird die andere Person gemieden und man versucht sich anderweitig abzulenken)

Coping-Arten

  • Problemorientiertes Coping Hier steht das Problem selbst im Vordergrund. Handelt es sich um eine konkrete Situation hast du die Möglichkeit es zu ignorieren (sprich vermeiden) oder du kümmerst dich aktiv um die Lösung des Problems.
  • Emotionsorientiertes Coping Wenn das Problem auf der emotionalen Ebene liegt (z. B. Kränkung, Beleidigung, Zurückweisung,…) dient das Coping deinem persönlichen Wohlbefinden. Funktional wäre es, sich bewusst mit den Emotionen auseinander zu setzen, allerdings findet man gerade hier viele dysfunktionale Coping-Strategien, die der Ablenkung dienen. Dazu gehören auch Frust-Essen / emotionales Essen, exzessiver Netflix-Konsum, usw.
  • Bewertungsorientiertes Coping Wie bewertest du das Problem für dich selbst? Siehst du darin eher die Belastung? (dysfunktional) Oder die Herausforderung (funktional). Zugegeben, dazu bedarf es schon etwas Selbstreflexion, was aber gerade im dysfunktionalen Bereich nicht stattfindet, weil man ja aktiv versucht das Problem zu verdrängen und eben NICHT daran zu denken. Im NLP nennt man diese Technik, wenn sie bewusst angewendet wird „Reframing“, sprich, das Problem in einem neuen Rahmen / Zusammenhang zu sehen. Good news: man kann das lernen.
  • Reaktives Coping Hiermit ist gemeint, dass du bereits während oder direkt nach dem Ereignis eine Coping-Strategie anwendest (z. B. Frust-Essen nach einem besonders stressigen Arbeitstag oder bereits Süßigkeiten am Arbeitsplatz)
  • Proaktives Coping Du bereitest dich aktiv auf Problem-Situationen vor. Hierzu gehört z. B. auch der proaktive Perfektionismus, der verhindern soll, dass du noch mehr Stress bekommst. (mehr dazu findest du unter FLIGHT). Das Proaktive Coping lässt sich nochmal weiter unterteilen. Dabei geht es um den Aspekt der Planung:
    • Action Planning Du planst eine bestimmte Aktion, die dir in Zukunft helfen soll mit stressigen Situationen besser um zu gehen (z. B. Besuch eines Erste-Hilfe-Kurses oder einer Selbsthilfegruppe).
    • Coping Planning Du planst deine Regulation auf eine in der Zukunft erwartete Stress-Situation. (z. B. du schreibst dir bestimmte Lebensmittel oder Süßigkeiten auf deinen Einkaufszettel, damit du für die kommende Arbeitswoche „gerüstet“ bist)

Zusammenfassung und 3 wichtige Faktoren

Du siehst also Coping besteht nicht nur daraus, alles Negative im Leben „wegzudrücken“, sondern kann in einer gesunden Form auch dazu dienen Stress und Probleme zu reduzieren. Ob eine Coping-Strategie als funktional oder dysfunktional eingestuft werden kann, hängt immer auch vom Kontext und von der Zeitspanne ab. So kann es z. B. nach einem Streit Sinn machen, sich zurückzuziehen, zu reflektieren und erst dann das Gespräch zu suchen. Welche Coping-Strategien bei dir zum Einsatz kommen und wie dein Nervensystem auf Stress jeglicher Art reagiert, habe ich in den Artikeln Trauma und Kindheitstrauma und der Einfluss auf das Gehirn (Anmerkung: Der Artikel wird derzeit aktualisiert, 17.08.2023) ausführlich beschrieben. Zum Schluss möchte ich noch auf drei Komponenten eingehen, die bei der ganzen theoretischen Betrachtung gerne unter den Tisch fallen, aber trotzdem einen enormen Einfluss auf unseren Umgang mit Stress und Krisen haben.

Das Soziale Umfeld

Das soziale Umfeld in Form unserer Familie prägt unseren Umgang mit Stress von klein auf. Viele unserer Coping-Stratgien haben ihre Wurzeln bereits in unserer Kindheit. Dazu gehört z. B. auch, ob man dazu in der Lage ist, das Gespräch zu einem vertrauten Menschen zu suchen, um über das Problem zu reden und vielleicht sogar gemeinsam eine Lösung auszuarbeiten. Diese Art der sozialen Unterstützung hängt eng mit der mentalen und psychischen Gesundheit zusammen. In den letzten Jahren (oder eher Jahrzehnten) haben sich aber durch die zunehmende Nutzung von SocialMedia, verschiedenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren die sozialen Strukturen so verändert, dass es mitunter schwierig ist im direkten Umfeld Verständnis für die eigenen Probleme zu finden. Daher ist die Nachfrage nach Therapie und / oder Mentoring, Coaching und Beratung ununterbrochen hoch. Aber auch im folgenden Bereich macht sich der Wandel bemerkbar:

Glaube und Religion

Ich meine an dieser Stelle keine bestimmte Religion, sondern eher die Zuwendung an eine höhere Instanz. Egal ob es sich dabei um eine etablierte Glaubensgemeinschaft oder eine andere Form der Spiritualität handelt, der Mensch sucht nach Halt im Glauben an die höhere Macht. Quasi nach einem mentalen Anker, der durch schwere Phasen und Lebenskrisen helfen kann. In einer Studie wurde nachgewiesen, dass Glaube und Religion das Stress-Empfinden regulieren kann und so einen Einfluss auf das persönliche Wohlbefinden und Wachstum haben kann (meanmaking-coping nach C.L. Park & Folkman, 1997).  

Humor

Eine nicht zu unterschätzende Ressource im Umgang mit Stress ist der Humor. Wie sagt man so schön: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Aber auch Sarkasmus und Ironie helfen eine emotionale Distanz zwischen sich und das Problem zu bekommen. Auch hilft Humor den Blick auf eine belastende Situation zu verändern um eine Neubewertung möglich zu machen. J. C. Overholser hat 1992 in einer Studie sogar nachgewiesen, dass humorvolle Menschen besser gegen Depression und Einsamkeit gewappnet sind. Allerdings nicht uneingeschränkt, die Zeitspanne der Stresssituation spielt hier eine große Rolle.    

Was das für dich bedeutet:

Coping-Strategien können gesund oder ungesund sein und es ist immer von Vorteil verschiedene Coping-Skills zu beherrschen, um sie der Situation entsprechend einzusetzen zu können. Du hast dir über die Jahre verschiedene Coping-Mechanismen angeeignet und sie tragen einen wesentlichen Anteil zu deiner Resilienz bei. Aber wie bei allem im Leben: Die Dosis macht das Gift. Wenn du irgendwann aus dem Coping heraus nicht mehr in einen Normal-Zustand findest, macht es Sinn, sich das auf einer professionellen Ebene genauer anzusehen.

Daher möchte ich dir zwei Punkte nennen, an denen du unbedingt reagieren solltest:  

  1. Wenn du merkst, dass dich deine Coping-Strategien eher ausbremsen, im Wachstum hindern, neue Konflikte verursachen oder sogar krank machen.  
  2. Wenn du in eine Krise geraten bist, in der dir deine alten Coping-Skills nicht mehr weiter helfen können und du das Gefühl hast, dass dir sämtliche Fäden aus den Händen gleiten. Wenn du wissen willst, ob ich dir bei deinem Problem helfen kann, dann nimm‘ gerne Kontakt zu mir auf. Das Erst-Gespräch ist immer kostenlos. Nähere Informationen dazu findest du HIER.  

Falls du mehr dazu lesen willst, wie sich die verschiedenen Coping-Strategien im Zusammenhang mit den 4 Trauma-Reaktionen zeigen, findest du im Blog die Serie zu den 4 Fs – Traumareaktionen: Fight, Flight, Freeze, Fawn)  

Und hier noch die versprochenen Google-Tipps:

  • Das Stressmodel nach Richard Lazarus
  • 15 Coping-Strategien nach Carver, Scheier und Weintraub
  • COPE Scale

2 Gedanken zu „Coping“

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